Von Jugendlichen lernen – Geldfrei durch Sachsen auf der 0€-Tour
18. August 2020
Seit 2015 ist die Evangelische Jugend Sachsen im Sommer eine Woche lang ohne Geld unterwegs. Allein mit Tarp, Isomatte und Gottvertrauen im Gepäck klopfen die Jugendlichen an Türen und bieten ihre Arbeitsleistung gegen eine Schlafmöglichkeit und etwas zu essen an.
Dieses Jahr durften Pfarrer Walter Lechner und „anders wachsen“-Referentin Juliane Assmann die Tour als Mitarbeitende begleiten. Auf der letzten Station, in der Kirchgemeinde Frieden und Hoffnung, konnte die Gruppe dann schon erste Resultate der „anders wachsen“-Arbeit schmecken: fast das gesamte Abendessen stammte aus dem Bauerngarten, den Gemeindeglied Anne Dreßler seit 2019 ehrenamtlich angelegt hat.
Dieses Jahr ist vieles anders. Auch die Null-Euro-Tour. Anders als sonst natürlich, denn wer hätte sich in diesen Zeiten schon auf 14 Jugendliche eingelassen, die unangemeldet auf der Matte stehen und nach Arbeit, Essen und Unterkunft fragen? Es mussten also Hygienekonzepte geschrieben, Abstände eingehalten und vor allem Quartiere im Vorfeld organisiert werden.
Die Wanderung ging von Meißen über Niederau, Moritzburg und Radebeul nach Dresden. Das sind 50 km in sechs Tagen. Klingt nicht viel, aber bei Temperaturen über 30 Grad kamen manche trotzdem an ihre Grenzen. Zumal die Gastgeber diesmal viel Zeit hatten, sich passende Aufgaben für uns zu überlegen, und so leistete jeder und jede im Laufe der Woche rund 20 Stunden Arbeit – hauptsächlich Gartenarbeit natürlich, aber wir setzten auch ein Volleyballfeld in Stand und bauten zwei Zäune. Besonders diese handwerklichen Arbeiten waren anspruchsvoll, aber auch sehr attraktiv. Im Hochseilgarten erhielten wir noch eine Einführung in Zaunbau. In Radebeul war das tags darauf nicht mehr nötig. Wir wussten Bescheid.
Trotz der eingeschränkten Kontakte kam es in den Tagen zu einigen interessanten Begegnungen. Zuerst natürlich zu den Gastgebern. Da war z.B. Pfarrer Philipp Frank in Niederau, der meinte, wir kämen wie gerufen, denn in dem verwilderten Pfarrgarten, den er vor wenigen Monaten als Berufsanfänger übernommen hat, gab es mehr Arbeit als er alleine leisten kann. Oder Jan Tappert vom Hochseilgarten beim Mittelteichbad in Moritzburg: Er war so angetan von dem Projekt, dass er es sich nicht nehmen ließ, uns nach getaner Arbeit noch spät abends in die Kletterseile zu schicken – bis es so dunkel war, dass wirklich nichts mehr ging. Oder die Mitarbeitenden der Lutherkirche in Radebeul. Kantor Robert Seidel z.B. überlegt jetzt, mit seinen Musikschülern selbst mal eine Art Null-Euro-Tour zu machen. Darüber hinaus hatten wir eine Begegnung mit Sabine Hänisch, die uns eine wunderbare Null-Euro-Führung durch das Käthe-Kollwitz-Haus Moritzburg gab. Und dann gab es noch eine Begegnung mit Kathleen Kuhfuß, MdL (Bündnis 90/Die Grünen). Sie hatte sich dafür eingesetzt, dass in diesem Sommer trotz Corona Maßnahmen der Jugendbegegnung möglich sind. Jetzt war sie im Rahmen einer Art Sommertour unterwegs, um sich mit Freizeitgruppen zu treffen, die davon profitieren. Wir trafen uns am Roten Haus am Dippelsdorfer Teich. Kathleen staunte wohl auch ein bisschen über die Leidenschaft, mit der die Jugendlichen bei der Sache waren.
Was war noch? In Dresden-Löbtau bereiteten wir unser Abendessen fast ausschließlich aus Zutaten zu, die wir im Bauerngarten der Kirchgemeinde selbst ernten durften. In Niederau ließen wir das riesige Wandbild von Werner Juza zu den fünf Barmherzigkeiten auf uns wirken – und lasen später den entsprechenden Abschnitt in der Bibel nach. In Dresden badeten wir in der Elbe – und genossen die Erfrischung in der Mittagshitze. Und beim Singen in der Löbtauer Kirche ergab es sich, dass wir plötzlich vor Freude tanzten.
Fazit: Auch wenn die Null-Euro-Tour dieses Jahr einen anderen Charakter hatte als sonst, war es doch eine echte Null-Euro-Tour – und eine großartige Erfahrung göttlichen Segens. Wir sind so dankbar, dass das trotz Corona möglich war. Gott sei Dank!
Johannes Bartels, Landesjugendpfarramt