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400.000.000


15. Juni 2023

400.000.000, also 4 Millionen, ist die ungefähre Menge an Plastik in Tonnen, die weltweit jährlich produziert wird. Nur ca. 9 Prozent des jemals produzierten Plastiks aber wurde bislang recycelt. Der Rest wird teilweise thermisch verwertet, teilweise aber auch klimaschädlich verbrannt. Ein sehr großer Teil landet auf großen Deponien in Südostasien. Von dort tragen Wind und Flüsse es ins Meer. Fünf Müllstrudel treiben über die globalen Ozeane. Zwischen Hawaii, dem amerikanischen Festland und Asien treibt eine drei Millionen Tonnen schwere Plastikinsel im Pazifik, die so groß ist wie ganz Mitteleuropa. Von dort ist der Weg auf unsere Teller nicht mehr weit, beispielweise über den Verzehr von Fisch. Stichwort: Mikroplastik. Fein zerrieben durch die Kräfte der Natur, verteilt es sich in Hydrosphäre, Atmosphäre und auch in der Lithosphäre: überall kann man Spuren nachweisen, sogar am tiefsten Punkt der Erde, dem Marianengraben. Würde man die Menge an Mikroplastik, die jede:r von uns wöchentlich zu sich nimmt, in Form pressen, ergäbe dies der Größe einer Kreditkarte.

Nun ja, das ist alles nicht neu. Auch diese Frage ist es nicht: Wie wird unser Zeitalter wohl einmal genannt werden? Die Antwort liegt nicht fern: Plastikzeitalter. Nun könnte das ja alles ganz spannend sein, wenn es nicht massive Probleme – wie Erdgasfracking oder gesundheitliche Folgen – mit sich bringen würde. Doch auch das ist nicht neu. Wie immer braucht es die Tat – vom Einzelnen und als Gesellschaft.

Seit dem 3. Juni 2021 gilt in Deutschland die bundesweite Einwegkunststoffverbotsverordnung, seit dem 1. Januar 2023 die Mehrweg-Angebotspflicht. Das ist sehr gut, reicht aber leider nicht. Zu diesem Schluss werden auch Sie kommen, wenn Sie sich aufmerksam in vielen Läden umsehen. Noch immer können Sie Einweggeschirr aus Kunststoff erwerben. Die Verordnung wurde wohl überlesen. Außerdem gibt es ja noch Ersatzprodukte aus anderen Materialien: Bambusfaser, Papierverbund oder Cellulosefaser zum Beispiel. Das ist doch gut, kreativ, nachhaltig! Warum dann „außerdem“? Tja, wie so oft hat jede andere Lösung auch ihre Schattenseiten. Rechnet man die Umweltkosten über den gesamten Lebenszyklus eines solchen Ersatzproduktes zusammen, sieht es schnell ganz dunkel aus. Das Stichwort lautet Ökobilanz. Die Gesamtumweltkosten für Materialanbau und -Gewinnung, Produktion, Vertrieb und End-Of-Life-Kosten sind oft deutlich höher als bei Artikeln aus Kunststoff. Warum glauben Sie, ist Kunststoff so erfolgreich geworden? Es ist günstig, kann energiearm produziert werden und weist hervorragende Nutzungseigenschaften auf. Dennoch ist es nicht die Lösung.

Was also tun? Verzicht und die Verwendung von Mehrwegverpackungen, optimalerweise aus regionalen Kreisläufen, scheint aktuell die einzige sinnvolle Alternative zu sein. Und dafür gibt es eine Idee: die Einführung einer Verbrauchssteuer auf Einweg-Takeaway-Verpackungen. Diese setzt direkte finanzielle Anreize, um auf Mehrwegsysteme umzusteigen. In Tübingen, Baden-Württemberg, funktioniert dies bereits hervorragend. Die Mülleimer dort sind selten überfüllt, kein Wind weht Plastiktüten über bunte Wiesen. Gemeinsam mit vielen anderen Initiativen aus Dresden, u.a. Parents For Future, Greenpeace, Gemeinwohlökonomie, TU-Umweltinitiative, BUNDjugend uvm., haben wir daher in einem offenen Brief an den Oberbürgermeister Herr Dirk Hilbert für eine solche Steuer appelliert. Den Brief können Sie hier lesen: